Von Begrenztheit und Berufungen

Wie sollen wir in Südafrika leben, einem Land mit enormen sozialen Ungleichheiten, in dem Hautfarbe oft weiterhin eine große Rolle spielt? Diese Frage trieb uns lange Zeit um, nachdem wir vor über vier Jahren nach Kapstadt gezogen waren.

Marcus bedrückte zudem oft die Frage, ob es nicht angebracht sei, trotz unserer Tätigkeit im Umfeld der Universität in einem Armenviertel zu wohnen. Schließlich sind schwarze Gemeinschaften in Kapstadt meist dort zu finden. Und uns ist es ja auch ein Anliegen, die Kultur, Lebensumstände und Sprache von Menschen verstehen zu lernen, um das Evangelium angemessen mit ihnen teilen zu können.

Wo liegen unsere Prioritäten?

Diese Überlegungen lösten nicht nur Ängste bei Annethea aus, die zum Teil mit ihrer Kindheit in der Zeit der Apartheid zusammenhängen. Sie stellten auch Anfragen an die Gestaltung unseres Familienlebens und das Verständnis unserer Berufung. Wir realisierten, dass sich unsere jeweiligen Prioritäten verschoben hatten: Für Annethea galt die christliche Studentenarbeit weiterhin als unsere zentrale Aufgabe; Marcus‘ Forschung zu Versöhnung in Kirchen motivierte ihn hingegen, verstärkt in das Verstehen einheimischer Sprachen und Glaubensformen zu investieren, um Jesus ohne kulturelle Dominanz bekannt zu machen.

Wie Gott uns Orientierung gab

Uns wurde bewusst, dass Gottes erste Berufung uns als Ehepaar und Familie gilt. Dies bringt gewisse Begrenzungen mit sich, innerhalb derer Gott uns jedoch wunderbare Möglichkeiten schenkt, ihm zu dienen. Es war eine große Befreiung, als wir das als ein positives Ganzes annehmen konnten! Im Wissen um unsere Grenzen können wir uns nun gegenseitig freigeben und unterstützen auf unserem Weg mit Gott. So haben wir mittlerweile Frieden gefunden über unseren Wohnort in der Nähe der Uni; unsere älteste Tochter ist in einer Schule, wo Weiße in der Minderheit sind, und Marcus kann wohl ab nächstem Jahr mehr Beziehungen mit Menschen in Townships aufbauen.

Im Rückblick sind wir dankbar, dass Gott uns durch diese schwierige Zeit getragen hat und uns nun einen gemeinsamen Weg aufzeigt, der besser ist als das, was wir ursprünglich im Sinn hatten.

Hinweis: Die Beiträge von Missionaren sind persönliche Zeilen und geben nicht notwendigerweise die Meinung der VDM wieder.

Marcus und Annetheas Blog

Hier gibt es noch mehr Beiträge und Geschichten von den Missionaren und ihrer Arbeit im Einsatzland zum Weiterlesen.

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Aus dem Archiv der VDM (02/22)
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